I AM'STERDAM!   ..   Joe's kleines Tagebuch im Internet aus Amsterdam für Freunde und Interessierte

Lootscheine
Von verlassener, gefundener und wiederbelebter Technik
Dienstag, 11. Oktober 2011
 
In Amsterdam gibt es über eine Million Fahrräder. Das verwundert nicht wirklich, so lange man nicht weiß, dass es hier bloß eine Dreiviertelmillion Einwohner gibt. Das macht etwa eineinhalb Fahrräder für jeden Amsterdamer. Viele Leute hier haben ein Fahrrad zur Reserve am Bahnhof stehen, eines extra für Gäste oder für die Arbeit. Und alle Räder stehen draußen auf der Straße, was ein größeres Problem darstellt, als man annehmen könnte.
Viele Velos werden an ihrem Abstellort vergessen oder absichtlich stehen gelassen und rosten, immernoch angeschlossen, vor sich hin. Nach Schätzungen der Stadt haben 15 Prozent aller Fahrräder draußen keinen Besitzer mehr und 40 Prozent der nicht mehr genutzten Räder stehen in der Innenstadt. Diese Fahrradwaisen verstopfen die Stellplätze, die Straßen, alle Orte, an denen man Räder anschließen kann. Würde die Stadt nichts dagegen unternehmen, so würde sie binnen weniger Jahre in Fahrrädern ersaufen.
Und so versucht sie einerseits, auf das Problem aufmerksam zu machen, beispielsweise mit einer eigens für die Thematik eingerichteten Webseite oder auch mit einer riesigen Skulptur, gebaut aus alten Fahrrädern.
Andererseits holen die Behörden jedes Jahr zehntausende Räder von den Straßen. Natürlich können sie diese nicht einfach losschneiden, es könnte ja sein, dass der Besitzer zurückkommt. Also geht das Ordnungsamt umher und verpasst verwaist aussehenden Rädern einen Aufkleber. Auffällig grell orange sind die Sticker, mit der Frage darauf, ob das Rad noch einen Besitzer hat und mit der Drohung, es ansonsten in ein paar Wochen abzuholen. Ich nenne diese Aufkleber Lootscheine. Looten, das ist das, was Rollenspieler und Computergamer mit ihren abgemurksten Gegnern machen, um an neue Waffen und Ausrüstungsgegenstände zu kommen.

Klebt einmal ein solcher Aufkleber an einem entsorgt aussehenden Rad, so verliert es schnell Anbauteile. Leute kommen und schrauben verwertbare Dinge ab, und ich finde diese Idee gar nicht schlecht. Um die allermeisten Räder mit Sticker dran kümmert sich wirklich niemand mehr. Sie werden am Ende von der Stadt verschrottet oder bestenfalls verkauft, aber sie verursachen in jedem Fall Kosten. Nicht alle Teile haben dieses Schicksal verdient.

Mir tut ja sowieso öfters mal kaputte Technik leid. So kam es vor zwei Wochen, dass ich bei uns um die Ecke ein aufgegebenes Fahrrad stehen sah, ohne Kette, Bremsen und Luft in den Reifen, dafür mit Rost und Dreck. Spontan habe ich es geschnappt und heimgebracht. Die genaue Begutachtung förderte ein intaktes, schickes Hollandrad zu Tage, viel zu schade zum Sterben lassen. Mit Kleinkram für unter 20 Euro habe ich es wiederbelebt, als Gästefahrrad für unsere WG. Noch ist es aber nicht ganz fertig.
Noch bin ich nämlich am Suchen. Jedes Schrottrad mit Lootschein wird begutachtet, ich brauche für unser Gästerad noch einen schickeren Sattel, neue Pedale und einen besseren Schalter für die Gangschaltung. Das Basteln habe ich hier bisher echt vermisst und es macht eine Menge Spaß. Und ich habe einen Entschluss gefasst. Ich werde, jenseits von Kleinigkeiten, kein Geld mehr in Fahrradteile investieren. Wenn mein Mountainbike irgendwann auseinanderfällt, kaufe ich kein neues Fahrrad, sondern baue eins aus Altteilen. Es liegt schließlich genug herum und ich muss der Million Fahrräder hier nicht noch eines hinzufügen.

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Diese Aufnahmen hier stammen mal nicht aus Amsterdam, sondern aus Wippra. Was es damit auf sich hat, erklärt die Galerie selbst.


Ein paar Amsterdam-Ansichten bei Tage


Nachtaufnahmen von Dach meiner alten Wohnung aus


Mein erstes hier gebackenes Brot .. sieht doch gar nicht so schlecht aus, oder?


Natürlich gibts viel Wasser hier. Das ist der Meerarm, der durch Amsterdam führt, samt moderner Promenade und super Ausblick auf einen neueren Teil von Amsterdam.


Viel Regen bedeutet viele Wolken - und solch schöne Bilder im Abendlicht. Das Wohngebiet selbst hier ist nicht so fotogen.


Die Pflanze habe ich von Jochen bekommen. Mein erstes eigenes "Grün" hier .. sie hat einen Ehrenplatz auf dem Fensterbrett. Ich hab blos vergessen, welcher Art die Pflanze angehört.

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