I AM'STERDAM!   ..   Joe's kleines Tagebuch im Internet aus Amsterdam für Freunde und Interessierte

Ein wenig Schnee und die Folgen
von rollendem, rutschendem und nicht fliegendem Material
Mittwoch, 22. Dezember 2010
 
Über Weihnachten bin ich nicht in meinem mittlerweile liebgewonnenen Amsterdam, sondern bei meinen Eltern im beschaulichen Harz. Ich möchte Bekannte besuchen und Verwandte, mit meiner Familie die besinnlichen Tage feiern und mit Freunden das weniger besinnliche Sylvester.
Mein Plan für die Heimreise war todsicher. Letzten Monat hatte ich meinen Flug gebucht, er startete um 7 Uhr Abends. Von meiner Wohnung bis zum Bahnhof brauche ich 10 Minuten zu Fuß, bis zum Flughafen 20 Minuten mit der Bahn. Was sollte also schiefgehen?
Freitag, 17. Dezember, Morgens. In der Nacht hatte es geschneit, nicht viel, aber immerhin fünf Zentimeter. Amsterdam fiel aus allen Wolken, nirgendwo wurde gestreut und die Autofahrer rutschten zur Arbeit. Das Radfahren zum Institut war abenteuerlich, aber möglich.
Bis zum Nachmittag schneite es weitere fünf Zentimeter. Vor meinem Fenster starteten Studenten eine Schneeballschlacht. Alle Buslinien wurden abgesagt. Ich aktualisierte die Webseiten von Airline und Bahnen im Minutentakt, keine Spur von abgesagten Verbindungen. Zumindestens nicht auf meiner Strecke. Die Fahrradfahrt nach Hause war abenteuerlicher als die am Morgen und ich brauchte eine Viertelstunde, um mein festgerostetes Fahrradschloss abzubekommen. Ich sah wie ein Fahrraddieb aus dabei, und fühlte mich auch so.
Meine Mitbewohner, die mir zu guten Freunden geworden sind, sehe ich erst einmal nicht wieder. Sie waren hier nur für vier Monate und fahren in ihre Heimatländer zurück. So war der Abschied am Abend rührend und ich hoffe, ich sehe sie mal wieder.
Dreiviertel Fünf. Ich prüfte ein letztes mal online die Züge und meinen Flieger, keine Probleme. Und so machte ich mich vollbepackt auf den Weg zum meinem Bahnhof und löste ein Ticket. Der Zug zum Flughafen stand auch schon da. Fängt gut an, dachte ich. Der Zug fuhr blos nicht los.
Aus der Bahn schauten mich deprimierte Gesicher an und ich erfuhr, dass sie schon eine Stunde steht und niemand wusste, wann sie abfährt. Kein Problem, mein Flieger startete erst in zwei Stunden. Nur die Ruhe. 20 Minuten warten. "Wegen Wintereinbruch massive Störungen im Bahnverkehr" sagte mir die niederländische Anzeige im Bahnhof. Auf der Webseite klang das noch anders. Und dann kam die Durchsage, dass von hier aus heute gar nix mehr zum Flugplatz fährt. Nur vom Hauptbahnhof aus. Spontan erwachten die Menschenmassen im Zug, strömten heraus und auf den Bahnsteig für die Metro. Ich mittendrin. U-Bahn Nr. eins war unvorstellbar voll, wie man es aus dem Fernsehen von Tokyo kennt. Keine Chance auf Einstieg. Und keine freundlichen Mitarbeiter, die einen in die Bahn schieben, wie in Tokyo üblich. In Metro zwei hatte ich gerade so Platz und kam 10 vor 6 auf dem Hauptbahnhof an.
Habt ihr als Kind mal einen Stock auf einen Ameisenhaufen geworfen und dann dem chaotische Treiben zugesehen? Genau so fühlte es sich auf dem Bahnhof an. Nur, dass ich eine schwer bepackte Ameise war, und nicht das staunende Kind. Alle Reisenden wollten schellstens irgendwo hin, es wusste blos keiner, wo. Die Anzeigemonitore waren ausgefallen und zeigen einen allgemeinen Hinweis über Schnee und Zugausfälle. Ab und zu fuhr ein Zug in eine zufällige Richtung, das Bahnsystem steckte irgendwo zwischen "drei Viertel aller Züge wurden abgesagt" und "wir improvisieren gerade einen Notfallfahrplan." Die dichteste Menschentraube versammelte sich an einer Stelle, an der die Mehrzahl der Leute eine Bahn zum Flugplatz vermutete. In 20 Minuten schloss mein Check-In Schalter, mir lief die Zeit davon. Ein Teil des Bahnsteigs wurde von Bahnmitarbeitern abgesperrt, zu viele Leute wollten in den einzigen Zug Richtung Flieger. Fünf nach Sechs. Endgültig begrub ich meinen Plan, heute noch abzufliegen. Ich traf eine Kollegin, die erfolglos versuchte, eine Bahn nach Belgien zu finden. "Das Chaos gibt es hier in den Niederlanden jedes Jahr, sobald der erste Schnee fällt" erzählt sie mir, "in Belgien haben die Bahnen kein Problem". Ich hatte mal irgendo gelesen dass die Hälfte der Bahntechnik hier aus Deutschland kommt, das könnte alles erklären. Wie machen dass beispielsweise die Russen blos?
Super. Mein Flieger würde ohne mich Richtung Berlin starten. Ein freier Platz im Jet, und ich würde dafür bezahlen. Der worst case war eingetreten. Ich hatte die Anfälligkeit der Bahnen hier völlig unterschätzt.
Ich machte mich frustriert zurück auf den Weg in die WG, wenigstens sind die U-Bahnen nicht ausgefallen. Dafür erzeugte meine Bahn wegen dem Schee auf den Stromschienen beim Fahren links und rechts einen tollen Lichtbogen.
Meine Freunde begrüßten mich grinsend und Fabi sagte mir, dass er Pasta zubereitet. Meine Laune besserte sich. Notebook auspacken, Internet an, Flug checken. JA! Mein Jet wurde abgesagt. Wie praktisch jeder andere Flug an diesem Abend, drei Stunden vorher las sich das noch ganz anders. Wenigstens kann ich ihn nun rückerstatten lassen. Und wie komme ich nun nach hause?
Samstag morgen. Ich sitze in der Bahn von meinem Bahnhof aus direkt nach Hannover. Und dann weiter Richtung Heimat. Noch gibt es keine Probleme. Noch.

p.s. Und es gab auch keine auf der gesamten Strecke .. ich bin gut in meiner Heimat angekommen.

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Diese Aufnahmen hier stammen mal nicht aus Amsterdam, sondern aus Wippra. Was es damit auf sich hat, erklärt die Galerie selbst.


Ein paar Amsterdam-Ansichten bei Tage


Nachtaufnahmen von Dach meiner alten Wohnung aus


Mein erstes hier gebackenes Brot .. sieht doch gar nicht so schlecht aus, oder?


Natürlich gibts viel Wasser hier. Das ist der Meerarm, der durch Amsterdam führt, samt moderner Promenade und super Ausblick auf einen neueren Teil von Amsterdam.


Viel Regen bedeutet viele Wolken - und solch schöne Bilder im Abendlicht. Das Wohngebiet selbst hier ist nicht so fotogen.


Die Pflanze habe ich von Jochen bekommen. Mein erstes eigenes "Grün" hier .. sie hat einen Ehrenplatz auf dem Fensterbrett. Ich hab blos vergessen, welcher Art die Pflanze angehört.

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